Ausrufung des Freistaats – Sternstunde der Demokratie
Rede im Plenum
Zu einem geschenkten Feiertag kann man schlecht Nein sagen.
Aber wie bei allen unerwarteten Geschenken fragt man sich trotzdem, wer wem was schenken will, warum und auf wessen Kosten.
Man wird misstrauisch, wenn es ein Missverhältnis gibt:
Weil es übertrieben ist, im Hinblick auf den Anlass oder weil das Verhältnis zum Schenkenden so toll nun auch wieder nicht ist.
Das gilt natürlich auch für Wahlgeschenke.
Die SPD will die abhängig Beschäftigten in Bayern beschenken.
Natürlich haben wir in Bayern schon recht viel Feiertage. Aber es wäre ja nur ein Einmalgeschenk und das hätten sich die hart arbeitenden Menschen in unserem Land wirklich verdient. Die Wirtschaft boomt, die Profite steigen, da wäre es nur recht und billig, wenn auch diejenigen was davon hätten, die diesen wachsenden Wohlstand produzieren.
Angemessen ist auch der Anlass des Geschenks.
Es wäre ein Festtag unserer Demokratie.
Wer für Luther einen Feiertag übrig hat, kann auch die Gründung unserer Demokratie in Frieden und Freiheit feiern.
Äußerst fragwürdig allerdings ist, dass die SPD sich selber gleich mitfeiern will.
Es ist schon ziemlich dreist, dass sie Kurt Eisner für sich in Anspruch nimmt, als „Sozialdemokraten“, und seine politischen Taten wie die Ausrufung der Republik oder die Einführung des Frauenwahlrechts als Segnungen der SPD verkauft.
Denn Eisner wollte ja mit der SPD und ihrer Kriegspolitik ja gerade nichts mehr zu tun haben und hatte längst seine eigene Partei.
Die reinste Geschichtsfälschung allerdings ist der Besitzanspruch der SPD auf den Begriff „Freistaat“, also auf die Revolution.
Das ist wirklich frech.
Denn noch am Tag vorher hatte die bayerische SPD der königlichen Regierung in die Hand versprochen, sie werde die Revolution verhindern und Eisner „an die Wand drücken“.
Als Eisner dann doch die Revolution anführte, forderten die Sozis, die „Niederschlagung der Erhebung durch die Regierung müsse noch in dieser Nacht erfolgen“.
Ein halbes Jahr später hat das die SPD dann selber gemacht.
So haben die Sozialdemokraten, wenn schon nicht bei der Revolution, so doch bei ihrer blutigen Niederschlagung die entscheidende Rolle gespielt und der Terrorherrschaft Tür und Tor geöffnet.
Wer sich mit Traditionen schmücken will, muss sich halt auch mit den weniger schönen Seiten der Vergangenheit auseinandersetzen – und sich auch fragen, welche Lehren aus dem früheren Verhalten der eigenen politischen Vorfahren zu ziehen wären.
Das gilt auch für die Staatsregierung.
Noch jede CSU-Regierung hat Eisner als Inbegriff des Bösen behandelt. Immer wieder hat sie ihm abgestritten, dass er sich „um die jetzt geltende Rechts- und Staatsform verdient gemacht“ habe.
Jetzt behauptet sie unvermittelt und ohne jede Erklärung das Gegenteil.
Ich bin gespannt, was in dem Wahljahr noch so alles umgewendet wird.
Allzu rasche Kehrtwenden können einen schon ins Stolpern bringen.
Da legt dann so mancher einen regelrechten Slapstick hin.
Das staatliche Haus der Bayerischen Geschichte zum Beispiel:
Das inszeniert die Erinnerung an die Gründung des Freistaats, also die Abschaffung des Königtums, ausgerechnet als „Königstraum“.
Darauf muss man erst mal kommen.
Kurt Eisner hat das alles nicht verdient. Er war ein „bayerischer Held“.
So hat ihn eben die Staatszeitung mit Recht genannt.
Er wusste damals schon, dass sich eine Demokratie entwickeln muss.
Er wollte neben dem Parlament Räte als „Schulen der Demokratie“ und den Volksentscheid als „Vollendung des demokratischen Gedankens“.
Er war überzeugt, „dass die Schäden der Demokratie nur durch mehr Demokratie überwunden werden können“.
Kurt Eisner war ein großer Demokrat, wie er Bayern gerade heute gut zu Gesicht steht.
Seine Ausrufung des Freistaats, diese Sternstunde unserer Demokratie, können wir mit Fug und Recht feiern.
30. Januar 2018
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